Es ist Winter. Seit Tagen schneit es. Ma, die Mutter des Mädchens mit den Zauberhänden, steht nach einem langen Spaziergang mit „Hunde-Omi“ Luna an der Terrassentür der Küche und schaut nach draußen. Alles ist weiß, die Berge, die Bäume … Sogar der grüne See ist zugefroren und ganz vom Schnee verhüllt! Die Landschaft sieht aus, als sei sie in Watte verpackt.
Es ist still, ruhig und friedlich. Nur das Krähen zweier Raben, die auf einem kahlen Baum in der Nähe des Hauses einen Platz gefunden haben, sind zu hören.
Ma genießt diesen Moment noch ein wenig fröstelnd in ihren dick gefütterten Puschen an den Füßen. Die Tasse Tee wärmt ihre vom Spaziergang noch kühlen Hände. Der Tee duftet nach Weihnachten. Ein Lächeln umspielt sanft ihre Lippen …
In Gedanken hört Ma das Weihnachtslied „Last Christmas I gave you my heart …“
„Ja“, denkt sie, „das passt. In einigen Tage ist Weihnachten … unser letztes Weihnachten in diesem Haus! Ein Gefühl voller Freude und Dankbarkeit gemischt mit ein wenig Wehmut. Ma erinnert sich an den ersten Tag in diesem neuen Haus, als ihre Tochter Maja, das Mädchen mit den Zauberhänden, voller Entdeckergeist durch das Haus sprang … Sie ist erwachsen geworden, studiert im Ausland und kommt nur noch von Zeit zu Zeit zu Besuch. … Wenn Papo im Frühjahr aufhört zu arbeiten werden sie umziehen. Das Haus haben sie an eine Familie mit zwei Kindern verkauft und für sich ein neues kleineres in einem anderen Land gefunden.
In diesem Jahr wird es ein ganz anderes Weihnachten als sonst, Ma denkt: „Nur wir drei, Maja, Papo, ich und natürlich unsere Luna!“
Ein letztes Mal wird sie in diesem Haus zusammen mit Maja den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer schmücken, das Weihnachtsessen vorbereiten und Plätzchen backen.
Nach einem leckeren Familienessen wird das wärmende Feuer des Kamins knistern, sie werden vor dem Weihnachtsbaum sitzen, sich vom Licht der Kerzen verzaubern lassen …
„Was ist, wenn jeder seine kleine Aufmerksamkeit ausgepackt hat, wenn wir uns eine Weihnachtsgeschichte oder ein Gedicht vorgelesen, Weihnachtslieder gesungen und uns dankbar umarmt haben?“, fragt sich Ma.
„Wie können wir dem Geist der Weihnacht noch mehr Raum geben und unser Herz von Liebe verzaubern und berühren lassen?“
Ma ist ganz still, stellt ihre Tasse Tee auf den Tisch und schließt die Augen. Sie liebt diese kleinen Momente der Ruhe und tief zu Lauschen. Gerade in der Weihnachtszeit hat sie das Gefühl als ob Intuition, die darauf wartet ganz leise und sanft wie auf Engelsflügeln zu ihr zu kommen, sie mehr umgibt als sonst und sie dafür empfänglicher ist.
Nach einer Weile öffnet sie wie die Augen und geht nach oben in Maja‘s Turmzimmer. Nach ihrem Auszug wirkt das Zimmer ein wenig leer. Ma setzt sich aufs Bett. Ihr Blick fällt auf Majas Schatzkiste. „Ja, das ist es!“ Sie springt auf, hockt sich neben die Schatzkiste, streicht liebevoll darüber und denkt: „Eine gefüllte Schatzkiste … eine Kiste voller Schätze, die Maja in ihrer Kindheit und Jugend gesammelt hat. Schätze, die nicht zu kaufen sind, die ihr keiner mehr nehmen kann, sie stark und unabhängiger gemacht haben …!“
Mit einem Herz voller Dankbarkeit steht Ma auf und geht wieder nach unten in die Küche. Strahlend setzt sie sich auf die Bank, unter der Luna ihr Mittagsschläfchen hält, klappt ihr Notizbuch auf und schreibt:
„Wir können dem Geist der Weihnacht noch mehr Raum geben und unser Herz von Liebe verzaubern und berühren lassen, indem wir gesammelte Schätze miteinander teilen.
Was sind das für Schätze?
• Erlebnisse, Begebenheiten, Momente, Ideen, Inspiration, die dich erfreut und dein Herz berührt haben.
• Herausforderungen, die du trotz aller Widrigkeiten,  vielleicht unter Tränen und Schmerz gemeistert hast, an denen du gewachsen bist … und gelernt hast.
• Das, was bleibt ist die Essenz, die wie echte Perlen, die durch Reibung in den Tiefen der Meere entstanden und gewachsen sind. Sie sind wunderschön, haben eine besondere Substanz, Schimmer, Glanz und Wert, auch wenn sie für andere in ihrer „Muschel“ nicht sichtbar sind. Aber du fühlst ihre Stärke tief in deinem Herzen und drückst sie mehr und mehr in deinem Leben aus.
• …
Ma schaut auf. Sie hört ein bekanntes Motorengeräusch und strahlt über das ganze Gesicht. Sie schließt ihr Notizbuch, steckt ihren Bleistift und die Lasche und geht freudig zum Eingang. Papo hat Maja von der Bahn abgeholt! …
Wenige Augenblicke später öffnet Ma die Haustür und schließt Maja mit den Worten in die Arme: „Schön, dass Du da bist!“ … Allein das ist schon ein Weihnachts-Moment!

Das Mädchen mit den Zauberhänden wünscht dir frohe Weihnachten und besondere Weihnachts-Momente.
Wer weiß, vielleicht hast auch Du Schätze gesammelt oder entdeckt, die Du teilen oder Dich daran erfreuen möchtest! Viel Freude dabei.
So kann jeder Moment zu einem „Weihnachts-Moment“ werden – auch nach Weihnachten!

Alles Liebe und Gute – Marion Rosenkranz

Das Mädchen mit den Zauberhänden – fortgeschrieben.

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