Seit dem Spätherbst haben wir eine Hütte in den Bergen. In dieser Hütte gibt es einen Backofen, der vermeintlich alles kann. Er hat unzählige Programmfunktionen: Backen, Grillen, Dampfen …
Nun stand ich mit meinem Baguette vor dem Ofen, legte es hinein, schloss die Tür und versuchte, mit Hilfe einer mehrseitigen „Kurz“-Anleitung den Backofen dazu zu bewegen, das Baguette aufzubacken. Nach einigen vergeblichen Versuchen dachte ich: „Eigentlich wollte ich nur ein Baguette aufbacken und kein Ingenieurstudium absolvieren.“ Schließlich nahm ich das Baguette unverrichteter Dinge wieder heraus und toastete es.
Neue Besuche in unserer Berghütte, ein neuer Anlauf. Letztlich gab es immer wieder getoastete statt aufgebackener Brötchen oder Brot. Weihnachten im Winter-Wonderland stand vor der Tür und ich hatte mich mit „diesem blöden Ding“ immer noch nicht angefreundet. Heiligabend und unser Festtagsmenü rückten näher.
Ich hatte ein schönes Stück Truthahn mitgebracht und wollte es – in diesem Ofen – braten! Für unser Weihnachtsessen brauchte ich unbedingt einen gut funktionierenden Backofen. Um sicherzugehen, dass dies reibungslos klappte, plante ich einen Test und ermutigte mich mit dem Gedanken: „Das kann ja nicht so schwer sein!“, insbesondere als es mit Hilfe unserer Tochter zumindest gelang, ein paar Frühstücksbrötchen aufzubacken!
Am Nachmittag begann die Testphase. Nach etlichen vergeblichen Versuchen spürte ich, wie Aggressivität in mir hochstieg und dass ich den Ofen am liebsten aus dem Fenster werfen wollte. Ein solches Gefühl kannte ich von mir gar nicht. – Was so ein Ofen alles bewirken kann, oder?
Dieses Gefühl, meine ablehnende Haltung und der tiefe Wunsch, ein leckeres Weihnachtsessen zu kochen, um es mit meiner Familie zu genießen, rüttelten mich auf.
Für einen Moment schloss ich die Augen, hielt inne und sagte dann entschieden: „Stopp!“ zu mir und zu dieser Situation. Nach einer Weile kam mir die Idee, mich lieber einer Yoga-Sequenz zu widmen, anstatt weiter herumzuprobieren.
Gesagt, getan. Schon auf dem Weg nach oben amüsierte ich mich über mich selbst und über den Ofen. Schmunzelnd dachte ich: „Was kann dieser ‚Zauber-Ofen‘ dafür, dass ich vermeintlich mit der Anwendung überfordert bin oder auch einfach keine Lust habe, mich mit den Programmen und Funktionen auseinanderzusetzen? Hat dieser Ofen die Macht, meinen Frieden zu stören? Nein, gewiss nicht, was für ein Unsinn! Es ist einfach nur ein Ofen, der darauf wartet, seine Arbeit zu tun, auch wenn ich den Zauber dieses Ofens noch nicht erfahren habe.“
Mir war bewusst, dass ich sofort in der Lage war, meine Einstellung zu diesem Ofen zu ändern, der Ofen konnte und brauchte gar nichts zu tun. Diese Gedanken und eine Dreiviertelstunde Yoga taten mir sehr gut. Mein „Ofen-Widerstand“ hatte sich in Luft aufgelöst.
Zum Abendessen gelang es mir, diesem Ofen ein perfekt gebackenes Baguette zu entlocken und am Heiligen Abend brachte dieser „Zauber-Ofen“ ein besonders knusprig gebratenes Stück Puter hervor! Was für ein besonderes Geschenk für mich! Seither habe ich Frieden mit dem Ofen geschlossen und bin bereit, weitere Programme und den wahren „Zauber“ des Ofens zu entdecken. Naja, vielleicht fliegt er nun doch nicht aus meiner Küche raus und darf auch nach dem Umbau bleiben!
DANKE!
Herzliche Grüße
Marion Rosenkranz
Nachwort:
Wenn ich mit ein wenig Abstand auf meine Zauber-Ofen-Erfahrung schaue, entdecke ich weitere Facetten dieses besonderen Geschenks. Es sind Fragen, die wie kleine Wegweiser aus einer Schatzkiste heraus funkeln.
Viel Freude beim Blick in meine Schatzkiste …
- Was gibt es für Dich zu lernen?
- Wovor drückst Du Dich vermeintlich und merkst dies oft nicht einmal?
- Spüre in Dich hinein: Wozu hast Du überhaupt keine Lust …?
- Bist Du bereit? Betrachte den Widerstand … ohne zu beurteilen oder zu bewerten.
- Sei offen, lerne. Du kannst es! Du kannst Dir einen Überblick verschaffen, wenn Du dazu bereit bist!
- Bist Du dazu bereit?
- Wozu genau bist Du bereit?
Und dann: halte inne, sei still und mach einfach!
Nun kann ich meine Schatzkiste schließen und sie bewahren oder ich schaue mir die Schätze näher an, nehme sie in die Hand und – lasse sie mein Leben bereichern! Es geht auch ohne Lust dazu! 😊
Wer weiß, vielleicht findest auch Du einen kleinen Schatz!
Hallo Liebe Marion,
Eine schöne Fabel oder auch Gleichnis.
Immer wieder passiert es ja immer leicht, dass wir mit Dingen, Personen oder Situationen die Geduld verlieren, ärgerlich werden und vergessen dass die Ursache in uns selbst liegt, und natürlich ebenso die Lösung.